Beim Kramen in meinem Fotoarchiv fiel mir folgendes Foto in die Hände.

Für mich ist dieses Foto ein äußerst interessantes Zeitdokument. Ich lenke eure Aufmerksamkeit auf das Plakat im Hintergrund mit der Aufschrift „PROLETARII DI OMNA UNIONEZ VI LANDI“. Was ist denn das für eine Sprache? Es ist in ESPERANTO geschrieben. Esperanto ist eine künstliche Sprache. Esperanto ist also keine Muttersprache eines Landes oder eines Volkes, sondern wurde künstlich geschaffen, um Sprachbarrieren zu überwinden. Was hat das nun auf einem Hockeyfoto zu suchen? Auf dem Foto ist eine Berliner Hockeyauswahl der Berliner „Fichte-Sportvereine“ zu sehen. (Der Name Fichte bezieht sich auf den Philosophen Johann Gottlieb Fichte.) 1928/29 gab es in Berlin zehn solcher regional gegliederten Fichtesportvereine (Fichte I bis Fichte X), so habe ich mittels der KI recherchiert. Diese Berliner Fichtesportvereine waren bis 1928 dem SPD-nahen ATSB (Arbeiter-Turn- und Sportbund) als Dachverband zugehörig, traten 1928/29 aus dem ATSB aus und schlossen sich der KPD-nahen Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit an. Was hat nun Esperanto mit Fichtesportvereinen und der Arbeitersportbewegung zu tun? Esperanto war in der Arbeitersportbewegung ein symbolisches Zeichen internationaler Solidarität. Der auf dem Banner zu sehende Spruch lautet übersetzt „Proletarier aller Länder vereinigt euch“ und ist der Schlußsatz aus dem Kommunistischem Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels von 1848.
Es ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber für mich doch von Aussagekraft. Diese internationale Gemeinschaft leben wir in unserer Hockeyabteilung. Seit der Wende 1990 spielten bei und mit uns Hockeyspieler aus 23 Ländern von allen Kontinenten.
Anmerkung: Über Hockey in der Arbeitersportbewegung habe ich an anderer Stelle ausführlich geschrieben: Arbeitersport und Hockey – Hockey SG Rotation Prenzlauer Berg Berlin . Dieser Aspekt deutscher Hockeysportgeschichte ist mir deshalb wichtig, weil Sport und damit auch Hockey nicht nur unter dem Dach bürgerlicher Dachverbände, hier konkret dem DHB, betrieben wurde. Neben diesen sich politisch und religiös neutral verstehenden bürgerlichen Sportverbänden gab es vor allem in der Weimarer Republik eine Vielzahl von Verbänden, die mit der Ausübung des Sports zugleich auch politische oder religiöse Zwecke verfolgten. Hierzu zählten vor allem (aber nicht nur) der Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATSB), der der Sozialdemokratie nahestand sowie seit 1928 die Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit, die der KPD nahestand. (mehr dazu u.a. in der Zeitschrift STADION, Band 48-Heft 2-1924 S. 155 und 156.
